Sylt!

Deutschlands nördlichste Insel ist sturmumtost und klischeebeladen. Beides kann der Liebe zu Sylt nichts anhaben.

Leuchtturm auf Sylt
Jenseits der Urlauber-Hochburgen bleibt Sylt ein Refugium für viele Tiere und Pflanzen. Die Dokumentation begleitet Menschen, die auf unterschiedlichste Weise mit und in der Landschaft zwischen Wiesen und Wellen leben, etwa als Wanderschäferin, Meeresökologin oder Muschelfischer. Foto: Tina Terras & Michael Walter / Getty Images

Egal wo, wer auf Sylt westwärts geht, dessen Füße stecken irgendwann im feinen Sand. 40 Kilometer erstreckt sich der Strand von List im Norden bis Hörnum im Süden. Durchgehend. Genug Platz für alle. Braucht es noch ein Argument für diese Insel? Vielleicht, dass sie einem meist eine steife Brise reichlich gesunde Nordseeluft um die Nase wehen lässt. Das Meer gischtet wie ein richtiges Meer. Sturm, heißt es hier, ist erst, wenn die Schafe keine Locken mehr haben. Ihren Humor haben die Menschen nicht verloren, auch wenn Wind und Wellen ihr schmales Eiland so anknabbern, dass seit Jahrzehnten für viel Geld Sand an der Westküste aufgespült wird.

Sylt – Wellen, Wind und Watt

Naturdoku

Donnerstag, 6.7. — 20.15 Uhr
bis 3.10. in der Mediathek

Sylt und Geld, das ist ein heikles Thema. Wegen millionenteurer Immobilien. Weil Einheimische abwandern und es schwierig bis unmöglich ist, etwa Handwerksbetriebe oder Freiwillige Feuerwehren aufrechtzuerhalten. Den Ruf, ein deutsches Saint-Tropez zu sein, hat die Insel, seit Unternehmenserbe und Playboy ­Gunter Sachs Sylt Ende der 1960er Jahre zum Partyort erkor. Auch heute gibt es Schickimicki und Promi-Gäste, rollt mal ein Düsseldorfer Bentley durch Keitum oder Kampen. Na und? Vor dem Autozug, mit dem täglich Tausende über den Hindenburgdamm ihrem Urlaub entgegenrattern, sind eh alle gleich. Am Verladebahnhof Niebüll stauen sich Luxusgeländewagen und szenige Surfmobile Stoßstange an Stoßstange.

Inselfans, die durch die Dünenlandschaft bei List bis zum nördlichsten Inselausläufer, dem Ellenbogen mit seinen Leuchttürmen, radeln, stört das alles kein bisschen. Eher schon, dass der Wind scheinbar immer von vorne kommt. Andererseits wollen Friesentorte, Krabbenbrötchen oder die Austernplatte mit der Sylter Royal erstrampelt sein. Dass die Muscheldelikatesse eine mühselig im Watt herangezogene pazifische Art ist: geschenkt! Weltoffenheit kennzeichnet das Wesen der Insulaner. Als Kapitäne durchkreuzten sie einst die Ozeane und bauten daheim schöne Reetdachhäuser. „Rüm hart – klar Kiming“, „weites Herz – klarer Horizont“, lautet die Parole, die heute auf der Sylter Flagge flattert. Und wem hier das Herz nicht aufgeht, dem ist vermutlich nicht zu helfen.

Weltoffenheit kennzeichnet das Wesen der Sylter