»Hohes Maß an Wissen«

Sehnsuchtsort für Nordeuropäer und Erlebnis für alle Sinne: Was macht die Alhambra zur architektonischen Attraktion?

Alhambra
Ein komplexes System unterirdischer Wasserleitungen speiste Innenhöfe (Foto: Myrtenhof) und Gärten, Wohnhäuser und Bäder und sicherte das Wachstum der Festungsstadt. Foto: Shaun Egan / Getty Images

 

arte Magazin Frau McSweeney, die Alhambra hat Künstler inspiriert und Debatten ausgelöst. Was ist so besonders an ihr? 

Anna McSweeney Im islamischen Kontext ähnelt sie anderen Palästen. In Fès in Marokko etwa werden Sie verwandte Architektur finden. Interessant ist, dass die Alhambra aus nordeuropäischer Sicht zum Sinnbild einer exotischen Baukunst avancierte. Sie galt als Ort, an dem man den Orient besuchen konnte, ohne allzu weit zu reisen. Komponisten schrieben Opern darüber, Künstler malten eine romantisierte Version der Alhambra. In der nordeuropäischen Vorstellung stand sie für die Idee eines exotischen und verlorenen islamischen Goldenes Zeitalters.

arte Magazin Wodurch zeichnet sich der Bau architektonisch aus? 

Anna McSweeney Er hebt bestehende Themen der islamischen Architektur auf ein neues Niveau. Da ist etwa das viele Wasser, das man sehr gezielt in alle Bereiche eingebracht hat. Die großen Wasserbecken, in denen sich die Gebäude spiegeln. Dann Stuckarbeiten wie die Muqarnas-­Decken, die man in Kuppeln findet und die ein hohes Maß an geometrischem Wissen erfordern. Die intensiven Farben. Ergänzt durch die Gerüche des Gartens entstand ein sensorisches Gesamterlebnis.

arte Magazin Eine riesige hölzerne Kuppeldecke aus der Alhambra findet sich heute im Museum für Islamische Kunst in Berlin. Wieso? 

Anna McSweeney Sie gehörte zu einem Gebäude aus dem frühen 14. Jahrhundert, das die christlichen Monarchen an private Eigentümer verkauften – ein Opernsänger besaß es eine Zeit lang, jemand baute eine Küche ein. Schließlich ging es an den Deutschen ­Arthur von ­Gwinner, der die Decke ausbauen und in seinem Berliner Arbeitszimmer installieren ließ. Sogenannte orientalische Zimmer lagen lange im Trend: Man demonstrierte Wissen und Kosmopolitismus mittels Inneneinrichtung. 1978 verkauften von ­Gwinners Nachkommen die Kuppel an das Museum.

Zur Person:
Anna McSweeney, Kunsthistorikerin, ist Spezialistin für die Architektur und Kunst der mittelalterlichen islamischen Welt. Sie lehrt am Trinity College in Dublin. Zuletzt erschien ihr Buch „From Granada to Berlin: The ­Alhambra Cupola“ (2020) im Kettler Verlag.

Alhambra: Der Palast in Andalusien

Dokumentarfilm

Samstag, 3.12. — 21.40 Uhr

bis 2.3.23 in der Mediathek