Eleganz in Ewigkeit

Hits wie „Bambino“ und „Paroles, paroles“ machten die Sängerin zur französischen Diva. Abseits der Bühne war ihr Leben jedoch geprägt von tragischen Todesfällen.

Französische Diva Dalida mit Hut vor rosa Wand
Foto: Leonard de Raemy/Sygma/Sygma/Getty Images

Du wirst niemals sterben“, prophezeite Orlando seiner Schwester Dalida einmal. Dass er – auf das Werk der italienisch-französischen Sängerin bezogen – recht behalten sollte, bewies unter anderem der jüngste „James Bond“-Film: In „Keine Zeit zu sterben“ (2021) war Dalidas 1968 veröffentlichtes Chanson „Dans la ville endormie“ zu hören. Das Stück, das übersetzt „In der schlafenden Stadt“ heißt, war nach Veröffentlichung nur mäßig erfolgreich – mit seiner düster-melancholischen Stimmung ist es aber repräsentativ für Dalidas Œuvre. Vor allem ihre tiefe Stimme hat sich im kollektiven Gedächtnis der Musikwelt eingebrannt, aber auch ihre unverkennbar divenhafte Bühnenpräsenz. Ihr Leben war gezeichnet von vielen Dramen, der Suche nach wahrer Liebe – zu anderen und zu sich selbst – und ihrem Willen, wieder aufzustehen. Umso trauriger, dass auch ihr eigenes Leben tragisch endete.

Dalida, meine Schwester

Porträt

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Als Iolanda Cristina Gigliotti 1933 als zweites von drei Kindern in Kairo zur Welt kam, konnte niemand ahnen, dass sie Mitte der 1950er Jahre unter dem Künstlerinnennamen ­Dalida in Paris ihren Durchbruch feiern würde. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte die Tochter eines Konzertmeisters und einer Schneiderin – beide italienischstämmig – in Ägypten. Nach ersten Schönheitswettbewerben gewann sie 1954 die Wahl zur „Miss Ägypten“. Parallel dazu spielte sie kleine Nebenrollen in Filmen. Mit dem Wunsch, Schauspielerin zu werden, zog Dalida kurz darauf nach Paris. Da sich der Weg ins Filmgeschäft als schwierig erwies, nahm sie Gesangsstunden und trat im Cabaret auf. Nachdem sie 1956 bei der Show „Les Numéros 1 de demain“ („Die Nummer-eins-Hits von morgen“) auf der Bühne gestanden hatte, machte sie im selben Jahr das Stück „Bambino“ zum international gefeierten Star. Damals noch mit dunklem Haar, elegant gekleidet, präsentierte sie sich mit durchdringendem Blick und sanftem Lächeln. Unverwechselbar dalidaesk: ihr rollendes R, das ihr tiefes Französisch so italienisch klingen ließ. Ihr Bruder ­Orlando, der eigentlich ­Bruno ­Gigliotti heißt und als Produzent und Manager entscheidend zu ­Dalidas Erfolg beitrug, erinnert sich im Gespräch mit dem ­ARTE ­Magazin: „Als ich ,Bambino‘ zum ersten Mal gehört habe, wusste ich: Sie hat es geschafft.“ 

Mehr als 30 Wochen hielt sich das Chanson in den französischen Charts auf Platz eins. Viele weitere Hits sollten folgen, darunter „Gondolier“ (1957), „Paroles, paroles“ (1973) – den sie mit ­Alain ­Delon sang – und „Gigi l’amoroso“ (1974). Hierzulande wurde ­Dalida einem breiten Publikum mit dem Lied „Am Tag, als der Regen kam“ (1959) bekannt. Insgesamt nahm sie rund 1.000 Lieder in zwölf Sprachen auf, sie verkaufte über 140 Millionen Tonträger, erhielt unzählige Preise. Ihr Stil changierte dabei immer wieder – von französischem Chanson über deutschen Schlager bis zu Weltmusik und Disco.

Freiheit bedeutet für mich, befreit zu sein von seinem inneren Kampf

Dalida, Sängerin (1933–1987)

ZWISCHEN SINNSUCHE UND DEPRESSIONEN

Abseits der Bühne spielten sich jedoch Dramen ab, von denen sich die Sängerin nie erholte. Nach ihrer Ehe mit ­Lucien Morisse, dem Programmdirektor eines Radiosenders, war sie mit Sänger ­Luigi ­Tenco liiert. Als beide 1967 mit dem gleichen Lied bei einem Musikwettbewerb im italienischen Kurort Sanremo auftraten, es aber nicht ins Finale schafften, nahm Tenco sich in seinem Hotelzimmer das Leben. ­Dalida litt danach an Depressionen, unternahm selbst einen Suizidversuch. Das Thema sollte sie begleiten: 1970 starb ihr Ex-Mann ­Morisse durch Selbstmord. Auch ein weiterer langjähriger Partner beging Suizid. Dem ­ARTE ­Magazin erzählt Orlando: Nach der ersten Dalida, „voll Sonne im Herzen“, sei in diesen Jahren eine zweite Dalida zum Vorschein gekommen: „Meine Schwester war nachdenklicher. Sie vergrub sich in Büchern und brachte ihre tragischen Erfahrungen als Kunst auf die Bühne.“ Etwa mit dem Lied „Je suis malade“ (1973). Auf der Suche nach sich selbst befasste sie sich mit Philosophie, sie lernte Yoga, reiste nach Indien. Musikalisch erfand sich Dalida Ende der 1970er noch mal neu – mit tanzbaren Songs wie „Laissez-moi danser“ (1979). Die dritte­ Dalida war geboren – „die Disco-­Dalida“, wie ­Orlando sagt, „mit großen Shows im amerikanischen Stil“. 

So wandelbar sie sich in ihrer Arbeit präsentierte, so sensibel wirkte sie in Interviews. 1980 sagte sie: „Freiheit bedeutet für mich, befreit zu sein von seinem inneren Kampf.“ Den Kampf, sie hat ihn geführt, es immer wieder versucht. Am 3. Mai 1987 nahm sich Dalida mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Ihre letzten Worte hinterließ sie auf einem Zettel: „Das Leben ist mir unerträglich, vergebt mir.“

Dalida Forever! Ihre größten Hits aus vier Jahrzehnten

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