Waldschutz – ohne Gewehr?

Kommentar Zu viele Wildtiere schaden dem Wald, darum fordert die deutsche Politik effizienteres Jagen. Förster und Buchautor Peter Wohlleben ist skeptisch.

Peter Wohlleben, Förster und Buchautor. Foto: Marc Pfitzenreuter/Getty Images
Peter Wohlleben, Förster und Buchautor. Foto: Marc Pfitzenreuter/Getty Images

Wald und Wild gemeinsam denken“, versprach Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) auf dem Waldgipfel im vergangenen September. Und forderte daher unter anderem „eine stringentere und zielgerichtete Jagd“ innerhalb Deutschlands. Doch bringen höhere Abschusszahlen für Wildtiere tatsächlich den ersehnten Schutz für unsere bedrohten Wälder? Ich denke nicht. Denn einen viel größeren Anteil an der Wildpopulation haben Land- und Forstwirtschaft: Sobald Bäume gefällt werden, lichtet sich der Wald auf – so entsteht Bodenvegetation und damit Futter für das Wild.

Die Sendung auf Arte

Den Dokumentarfilm „Unsere Wälder: Die Sprache der Bäume“ gibt es am Samstag 18.1.2020 um 20:15 Uhr bei ARTE bis 17.3.2020 in der Mediathek.

Überließe man die Wälder sich selbst, würden sie dicht wachsen. Damit gäbe es eine geringere Bodenvegetation und damit weniger Bissschäden durch Wild. Die Forstwirtschaft kreiert also selbst ein Problem und schiebt es auf die Wildtiere. Der Deutsche Jagdverband (DJV) formulierte das vor Monaten so: „Wildtiere sind nicht für eine verfehlte Forstpolitik von über drei Jahrzehnten verantwortlich.“ Wobei man dazu sagen muss, dass auch der DJV in der Kritik steht, Wildtiere zu sehr zuzufüttern.
Interessanterweise gibt es in Deutschland mit mehr als 384.000 Inhabern von Jagdscheinen heute so viele Jäger wie nie zuvor. Zum Vergleich: Vor 30 Jahren waren es nur knapp 260.000. Dass das Interesse am Thema Wald und Wild auf diese Weise steigt, ist grundsätzlich ein gutes Zeichen. Doch meiner Meinung nach kann jeder von uns die Natur auf viele Weisen erforschen und genießen – auch ohne Gewehr.

Glücklicherweise werden neben der Jagd auch Agrar- und Forstwissenschaften beliebter. In meinem direkten Umfeld in der Waldakademie spüre ich ebenfalls gesteigertes Interesse an unseren Wäldern. Da die Nachfrage nach unseren Kursen so stark steigt, bauen wir zurzeit ein neues Seminargebäude. Fridays for Future und auch Proteste wie im Hambacher Forst tragen zu einer neuen Bedeutung des Waldes bei – in allen Altersklassen. Und auch wenn viele denken, man kann alleine nichts ausrichten, um den Wald zu schützen: doch! Gebrauchte Möbel aufwerten, um den Holzverbrauch zu reduzieren. Stoffbeutel statt Papiertüten. Und bereits ein gepflanzter Apfelbaum im Garten leistet einen Beitrag.