König der Clowns

Manege Der Schweizer Clown Grock war ein Multitalent, das sichäußerst erfolgreich selbst vermarktete.

Der Schweizer Clown Grock. Foto: Keystone/Hulton Archive/Getty Images
Der Schweizer Clown Grock. Foto: Keystone/Hulton Archive/Getty Images

Schlappschuhe in Übergröße, ausgebeulte Hose, geschminkter Lachmund, eine Minigeige und ab und an ein liebevoll ins Publikum getrötetes „Nit mö-ö-ö-glich“. Dazu, je nach Aufführung, die verschiedensten Scheitereien an einfachsten Umständen – laufen, stehen, sitzen. Fertig ist die Clownlegende Grock. Oder? Nicht ganz. Was auf der Bühne so einfältig und naiv aussah, gehörte hinter dem Vorhang zum Kalkül eines ambitionierten Geschäftsmanns. Und der scheute nicht davor zurück, für Geld und Gags einen Trapeztanz mit den eigenen Moralvorstellungen zu vollführen.

Die Sendung auf Arte

DIe Zirkusshow „Cirque du Soleil: O“ gibt es am Donnerstag 26.12.2019 um 14:05 Uhr bei ARTE und bis 24.1.2020 in der Mediathek.

Grock, der ohne rote Nase Adrien Wettach hieß, wurde 1880 in Loveresse in der Schweiz geboren. Schon in jungen Jahren unterhielt er Besucher in von seinem Vater geführten Gaststätten. Seine ersten nennenswerten Erfolge feierte er Anfang des 20. Jahrhunderts als Clown Alfred Prinz. Schnell klopfte Wettach auch beim Schweizer Nationalzirkus an, dem er sich 1903 anschließen sollte. Als Grock debütierte er im Oktober desselben Jahres gemeinsam mit dem französischen Exzentriker Marius Galante, genannt „Brick“. Eine Kollaboration, die den beiden ein Engagement am Pariser Zirkus Medrano einbrachte.

Grock vereinte die Zartheit eines klassischen Weißclowns mit der Plumpheit des dummen Augusts. So mimte er den inkompetenten Tölpel gleichsam wie den feinfühligen Gesellschaftskritiker, wobei seine Sketche auch gerne mal einen moralischen Zeigefinger enthielten. Den Ruf als „König der Clowns“, wie er sich in seiner Biografie selbst nannte, erarbeitete sich Grock vor allem dank seiner musikalischen Raffinesse: Er beherrschte 15 Musikinstrumente, darunter Violine, Klavier und Akkordeon. Außerhalb der Manege vermarktete sich das geschickte Multitalent, das sechs Sprachen sprach, als wandelbares Clown-Gesamtpaket.

Kritik für Auftritte in Nazideutschland

Sein eigenes finanzielles Wohlergehen behielt Adrien Wettach im Laufe seiner steilen Clownkarriere stets im Blick. Im Rahmen eines Zirkusprogramms im Jahr 1937 etwa verlangte er eine Tagesgage von 20.000 Francs – rund viermal so viel wie alle anderen Artisten der Veranstaltung zusammen. Doch er erhielt auch heftige internationale Kritik – für seine Auftritte in Nazideutschland nach 1933. Adolf Hitler war ein großer Fan des Clowns. Dass sich Wettach dazu entschied, vor Hitler und den Nationalsozialisten zu spielen, kostete ihn beispielsweise seinen langjährigen Partner Geo Lolé.

Nach 1939, Hitler war ihm inzwischen „unheimlich geworden“, zog sich Wettach in seine Villa nach Italien zurück. Es folgten einige „letzte Auftritte“ und Filmprojekte. Zum wirklich allerletzten Mal als Grock stand Wettach in Hamburg am 30. Oktober 1954 auf der Bühne, mit 75 Jahren. Fünf Jahre später starb der Künstler in seiner Villa in Imperia, Italien.