DIE FITNESS-INFLUENCERIN
Fitness-Creator sind im Trend: Selfies vom eigenen Körper fluten TikTok und Instagram. Da schadet es nicht, wenn dieser möglichst gut trainiert aussieht. Influencerinnen wie Pamela Reif und Mady Morrison halten ihre Follower spätestens seit der Pandemie mit Home-Workouts in Bewegung. Sie treffen den Zeitgeist, sich zu präsentieren: „Der Körper ist zum Statussymbol, zur Visitenkarte geworden“, sagt der Sportsoziologe Thomas Alkemeyer. „Mit einem durchtrainierten Körper zeige ich, dass ich Selbstdisziplin und mein Leben unter Kontrolle habe.“ Laut einer Studie der Deutschen Sportjugend zählt Kraftsport inzwischen zu den häufigsten Sportaktivitäten bei 13- bis 17-Jährigen. Dagegen treten immer weniger einem Sportverein bei. Sixpack-Influencer werben dazu mit hippen Proteinshakes. Wer Muskeln aufbauen will, sollte laut Sportwissenschaftler Robert W. Morton 1,6 bis 2,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich zu sich nehmen, am besten aufgeteilt in 20 bis 40 Gramm pro Mahlzeit. Immer häufiger werden auch sogenannte Wearables vermarktet: elektronische Geräte wie Smartwatches, Ringe oder Smart Bras, die körperbezogene Daten analysieren und der Gesundheitsprävention dienen sollen.
DER ATHLET
In der Antike zeichneten sich Athleten durch Wettkämpfe aus und wurden oft durch anmutige Diskuswerfer verkörpert. Heute ist der Begriff umfassender geprägt: Athleten sind meist Profisportler mit besonderer Lebensführung und Trainingsmethoden. Zunehmend wird dafür Pilates als integraler Bestandteil anerkannt: Joseph Pilates, begeisterter Kraftsportler und Gymnast aus Mönchengladbach, wanderte 1926 nach New York aus und trainierte dort vor allem Schauspieler und Tänzer, damit sie ihre Auftritte meistern konnten. Seine Übungen belegten, dass es für Krafttraining nicht unbedingt schwere Hanteln braucht. Während Pilates an einer starken Körpermitte arbeitete, sorgte Jack LaLanne ab 1951 über 30 Jahre lang mit seinem Adonis-Körper in der ersten Fitness-Show im US-Fernsehen für Schlagzeilen. Die Sendung sorgte noch für derartiges Misstrauen, dass man ihn als Scharlatan bezeichnete. Dabei wurde der erste bekannte Turnplatz schon 1811 von Turnvater Friedrich Ludwig Jahn in Berlin eröffnet. Dieser hatte mit den heutigen luxuriösen Studios allerdings wenig zu tun: Der Umsatz der weltweiten Fitnessclubs liegt laut Statista aktuell bei knapp 100 Milliarden US-Dollar.
DER HERKULES
Was beim muskelbepackten Halbgott das Löwenfell war, sind heute Muskelshirts auf geölten Oberkörpern. Wer in Los Angeles zum Muscle Beach geht, trifft auf sie: die kaum von einem Stahlgerüst zu unterscheidenden Waschbrettbäuche. Die Open-Air-Muckibude wurde in den 1970ern zum legendären Treff der Bodybuilding-Elite, darunter Arnold Schwarzenegger und Lou Ferrigno. „Das war wichtig, weil Fitnessstudios vor dieser Zeit als dubiose, stinkende Underground-Orte galten. Muskeltraining an die Sonne zu bringen, hat dieses Image entschärft“, so US-Fitnessexpertin Natalia Mehlman Petrzela. Um dem Traum von großen Muskeln näherzukommen, griffen einige Sportler auf Doping zurück: Anabole Steroide zu konsumieren, wurde zur Subkultur in der Bodybuilding-Szene. Die Alpha-Male-Kultur, die sich durch körperliche Stärke und Hypermaskulinität ausdrückt, ist seit den 1990ern ein weitverbreitetes, polarisierendes Konzept von Männlichkeit und wird heute in sozialen Medien oftmals propagiert.
DIE LANGLEBENDEN
Fitnesstraining gilt heute als Voraussetzung für ein hohes Alter. Bereits ab dem 30. Lebensjahr beginnt laut Forschenden der Harvard-Universität beim Menschen der Muskelabbau: im Durchschnitt etwa drei bis fünf Prozent Muskelmasse pro Jahrzehnt. Nicht umsonst heißt es: Sitzen sei das neue Rauchen. „Sitzen ist gefährlicher als Rauchen, tötet mehr Menschen als HIV und ist tückischer als Fallschirmspringen“, so der Leiter des Obesity-Solutions-Projekts an der Mayo Clinic der Arizona State University, James Levine. Jede Stunde Bewegungsmangel soll ihm zufolge sogar zwei Stunden Lebenszeit kosten. Laut WHO ließen sich jährlich geschätzt mehr als fünf Millionen Todesfälle vermeiden, wenn die Bevölkerung sich mehr bewegen würde. 7.000 bis 10.000 Schritte täglich können das Sterblichkeitsrisiko signifikant senken. „Krafttraining wirkt gegen Arteriosklerose und kann dafür sorgen, Zucker besser zu verstoffwechseln, deshalb ist es sinnvoll bei Diabetikern“, sagt der Stuttgarter Sportwissenschaftler und Gesundheitsforscher Axel Gottlob. Auch bei Osteoporose und für die Bildung neuer Nervenzellen sei Muskeltraining wichtig.
DIE BODYBUILDERIN
Vorläufer moderner Bodybuilderinnen auf – wurden aber oft als Kuriositäten gehandelt. Muskeln galten lange als „unweiblich“. Katharina „The Great Sandwina“ Brumbach stach in den 1920ern als Pionierin hervor: Die Tochter eines niederbayrischen Wanderzirkusbesitzers stemmte problemlos drei Männer auf einmal. Als „Lady Herkules“ hob sie das Frauenbild aus den Angeln: „Das Schönheitsideal der damaligen Zeit befreite sich aus den engen Korsetten. Es war eine Art Selbstermächtigung, eine Emanzipation“, sagt Bernd Wedemeyer-Kolwe, Sporthistoriker am Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte. Das Bild der trainierten Frau entwickelte sich zur glamourösen Strongwoman. Ende der 1970er fanden die ersten anerkannten Frauen-Bodybuilding-Wettbewerbe statt. „Die Frauenbewegung hat die Fitnessbranche beeinflusst. Frauen setzten sich dafür ein, die Kontrolle über ihren Körper zu übernehmen und alte Vorstellungen von weiblicher Schwäche zurückweisen“, so die US-Fitnessexpertin Natalia Mehlman Petrzela. Der Druck in der Szene ist hoch, auch operative Eingriffe gehören dazu.










