»Wir sind hart im Nehmen«

Ron Wood fühlt sich im Schatten seiner Bandkollegen Mick Jagger und Keith Richards ganz wohl. Wenn es Zoff gibt bei den Rolling Stones, schlichtet er.

Rolling Stones
Foto: Gareth Cattermole_Contour_Getty Images

Eine der einflussreichsten Bands der Welt feiert bald Jubiläum: 2022 blicken die Rolling Stones auf wilde 60 gemeinsame Rock-’n’-Roll-Jahre zurück. Gitarrist und Bassist Ron „Ronnie“ Wood ist zwar erst seit 1975 mit dabei – das reicht aber für Partyvorfreude. Regisseur ­Mike Figgis­ hat dem 73-jährigen Musiker und erfolgreichen Maler ein Porträt gewidmet, das ARTE im Januar ausstrahlt. Ein Gespräch über knallharte Typen und Chancen im Leben.

arte magazin Mr. Wood, wir haben Pandemie, wie verbringt man da seine Zeit als Rolling Stone? Gelangweilt?
Ron Wood Ich habe das Gefühl, der Planet erholt sich gerade von uns Menschen, der Himmel ist klarer, die Luft besser. Auf eine gewisse Weise fühle ich mich dadurch erleuchtet. Ich merke, dass ich kreativer bin. Ich habe Zeit, durch den Wald zu meinem Studio zu spazieren; Zeit zu schaffen, zu malen, meine Bücher über Meditation zu lesen.

arte magazin Die halbe Welt arbeitet gerade im Home­office.  Proben die Rolling Stones auch via Video-Konferenz?
Ron Wood Tatsächlich haben wir einmal online geprobt und „You Can’t Always Get What You Want“ gespielt. Das hat großen Spaß gemacht! Ansonsten telefonieren wir viel und können es kaum abwarten, uns wieder in echt zu sehen.

arte magazin Sie sind seit mehr als 45 Jahren Mitglied der ­Rolling Stones und für einige Fans nach wie vor „der Neue“. Woran liegt das?
Ron Wood Vielleicht, weil ich der Jüngste bin. Ich werde immer der Neueste, der Jüngste sein. Mir gefällt das – es muss schließlich jemanden geben, der aus der Reihe tanzt.

arte magazin Mal abgesehen von Ihrem Instrument – wie würden Sie Ihre Rolle innerhalb der Band beschreiben?
Ron Wood Ich sehe mich als Klebstoff, der uns alle zusammenhält. Und den es in diesen Zeiten besonders braucht.

arte magazin Neben der Musik gilt Ihre große Leidenschaft der Bildenden Kunst. An was arbeiten Sie gerade?
Ron Wood Ich male, was ich liebe. Das sind im Moment Bilder vom Wald, von Tieren und Menschen. Es gefällt mir einfach, mit meinem Pinsel Bewegungen einzufangen. Etwa die einer Ballerina. Das sind höchst anmutige Bewegungen des menschlichen Körpers, sie inspirieren mich sehr.

arte magazin Ihr Landsmann und Künstlerkollege Damien Hirst sagt, Sie seien ein besserer Maler als er. Korrekt?
Ron Wood Hmm, ja! Aber unsere Stile sind sehr verschieden. In der Kunst geht es auch nicht darum, besser zu sein als andere, sondern die Unterschiede zu respektieren.

arte magazin Wie differieren Malerei und Musik für Sie, wenn es um den künstlerischen Ausdruck geht?
Ron Wood Nun ja, wenn ich male, bin ich ganz alleine dafür verantwortlich, was am Ende dabei herauskommt. Musik ist eine Gruppenaktivität und ich kann es ganz leicht den anderen in die Schuhe schieben, wenn etwas schiefläuft.

arte magazin Sie waren jahrzehntelang drogen- und alkohol­süchtig. Heute sind Sie clean und haben erst kürzlich Lungenkrebs überlebt. Wie denken Sie jetzt übers Leben?
Ron Wood Ich bin dankbar für meine zweite und dritte Chance im Leben. Ich habe so lange geraucht und Drogen genommen, da war der Krebs keine Überraschung. Aber ich war bereit, diesen Preis zu bezahlen und zu kämpfen. Ich liebe mein neues Leben, meine beiden kleinen Töchter. Ich bin dankbar und bescheiden.

arte magazin Keith Richards sagt, Sie beide seien sich sehr ähnlich – mit gutem Immunsystem und hoher Schmerzgrenze. Sind die ­Rolling ­Stones knallharte Typen?
Ron Wood Wir sind Kriegs- und Nachkriegskinder. Dass wir hart im Nehmen sind und vieles an uns abprallt, liegt sicherlich auch daran. Manchmal kann ich dennoch kaum fassen, wie viel Glück wir haben, so fit zu sein und nach wie vor Musik zusammen zu machen.

arte magazin Sie sagen von sich, Sie seien im Kopf nie älter als 29 Jahre alt geworden. Sind Ihre wilden Haare Ausdruck dessen?
Ron Wood Ich war schon immer stolz auf meine dicken, schwarzen Haare, die auf meine Roma-Wurzeln zurückgehen. Als ich auf die Welt kam, glich mein Kopf mit seinen abstehenden Haaren einer Kokosnuss. In der Schule nannten sie mich eine Zeit lang Kleopatra, weil ich meine Haare lang und glatt trug. Und als die Bürstenhaarschnitte in Mode kamen, war mein Spitzname „Spike“, weil die Haare immer von selbst nach oben standen. Als ich dann später auch noch mit Rod ­Stewart auf der Bühne stand, hatten wir den doppelten Spike-Effekt!

arte magazin Der Schauspieler Groucho Marx verglich Sie deshalb mit einem Huhn.
Ron Wood Er öffnete mir die Tür und fragte „Sind Sie ein Mann oder ein Huhn?“ Als ich lachte, fügte er hinzu „Ich habe all Ihre Platten … in welcher Band sind Sie doch gleich?“

Ronnie Wood: Somebody Up There Likes Me

Dokumentarfilm

Freitag,
22.1. – 22.55 Uhr
bis 22.3. in der Mediathek