Es gibt Modemarken, bei denen weiß man genau, wofür sie stehen. Chanel liefert Tweed-Kostüme und Goldknöpfe, bei Ralph Lauren gibt es aufgeräumte Poloshirts für den Segelausflug. Das italienische Modehaus Gucci ist kein vorhersehbarer Kandidat. Es hat in den vergangenen Jahrzehnten manche Kehrtwende hingelegt: vom klassisch italienischen Jetset-Look über winzige Discofummel bis zur nostalgischen Rüschenflut. Packt man dazu noch das dramatische Gebaren der Gucci-Familie, lässt sich sagen: Zumindest langweilig wird es in diesem Umfeld nicht.
Tatsächlich hatte die Marke zuletzt gigantischen Erfolg. Sie machte Jahresumsätze von bis zu zehn Milliarden Dollar, weil Influencer und Stars auf den Mix aus kultiviertem Kitsch und Romantik flogen, die der Designer Alessandro Michele entwarf. Stickereien und Brokat, Seidenblusen für Frauen und Männer: Gucci war überall. Selbst im Kino, wo Ridley Scott, Regisseur von „Alien“ (1979) und „Gladiator“ (2000), den Film „House of Gucci“ (2021) platzierte. Dass der sich nicht nur an Fakten hielt: egal.
Angefangen hatte alles mit Guccio Gucci, der um die Jahrhundertwende als junger Mann im Londoner Luxushotel Savoy arbeitete. Dort schaute er sich den Stil reicher Leute ab und begann, in Florenz Lederwaren und Reisegepäck herzustellen. Als Leder im Zweiten Weltkrieg zur Mangelware wurde, setzte er auf alternative Materialien. Aus dieser Zeit stammen Details, die noch immer zu Gucci gehören: Taschen mit Bambus-Henkel etwa oder solche aus beigefarbenem Canvas-Stoff, der über und über mit einem Rautenmuster bedruckt ist.