Prächtige Baustelle

Zum Jahrhundertjubiläum der Berliner Museumsinsel sind publikumsträchtige Exponate unter Verschluss. Die Sanierung des Welterbes wird noch lange dauern.

Die Büste der Nofrete.
Die Büste der ägyptischen Königin Nofretete im Neuen Museum ist für viele das Highlight eines Besuchs der Museumsinsel Berlin. Foto: Pierre Adenis/bpk

Die Museumsinsel Berlin feiert 200-jähriges Jubiläum. Dabei ist das jüngste und für viele bedeutendste der fünf Häuser, das Pergamonmuseum, noch nicht mal ein ganzes Jahrhundert alt. Ein Unesco-Weltkulturerbe wie der monumentale Komplex im historischen Zentrum der Hauptstadt aber wird nicht an einem Tag erbaut. Also nimmt man die Grundsteinlegung des zuerst entstandenen Alten Museums am 9. Juli 1825 als Bezugspunkt und Startschuss für den runden Geburtstag des Gesamtensembles.

Museumsinsel Berlin – Geschichte einer Nation

2-tlg. Kulturdoku

Sonntag, 21.9. — 15.50 Uhr
bis 5.11. auf arte.tv 

Das Datum ist sinnfällig, denn eine große Baustelle war die Museumsinsel zwischen Spree und Kupfergraben von Beginn an – und ist es bis heute fast durchgängig geblieben. Auf das Alte Museum, das anfänglich Königliches Museum hieß, folgten bald das Neue Museum und die Alte Nationalgalerie. An der Wende zum 20. Jahrhundert kam – damals unter dem Namen Kaiser-­Friedrich-­Museum – das heutige Bode-Museum dazu. Das Pergamonmuseum schließlich wurde erst 1930 nach 20-jähriger Bauphase fertiggestellt.

Das Jubiläum, aus dessen Anlass ARTE die zweiteilige Dokumentation „Museums­insel ­Berlin – Geschichte einer Nation“ zeigt, wird über einen Zeitraum von fünf Jahren begangen. So lange dauerte es auch vom Grundstein bis zur Eröffnung des Auftaktbaus im August 1830. Der von Architekt Karl ­Friedrich ­Schinkel entworfene klassizistische Kulturtempel war Preußens erstes öffentliches Museum und vom ersten Tag an ein Publikumsmagnet. Bestückt wurde es mit antiken Sammlerstücken und Gemälden der Hohenzollern-­Könige, die vis-à-vis in ihrem damaligen Stadtschloss residierten.

Heute spielt die Museumsinsel mit ihren Kunst- und Kulturschätzen in der Top-Liga. „Die Sammlungen stehen denen in Paris und London in nichts nach“, formulierte das die im Juni angetretene Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), Marion ­Ackermann, in der Berliner Zeitung. Ausruhen kann man sich darauf nicht. Die aus Dresden nach Berlin gewechselte Kunsthistorikerin will das Ausstellungsprogramm „noch mehr zum Strahlen bringen“, setzt auf Markenbildung, Kommunikation und Mäzenatentum. Bei der Arbeit mit den riesigen Sammlungen und bei deren Vermittlung sollen Digitalisierung und künstliche Intelligenz helfen.

Auch bei der Gebäudesubstanz ist noch viel zu tun. Während die Rekonstruktion des im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten und zu DDR-Zeiten gesprengten Berliner Schlosses seit fünf Jahren als Humboldt Forum wie neu dasteht, versinkt das Alte Museum gegenüber am Lustgarten langsam im sumpfigen Untergrund. Einen Millimeter pro Jahr, spätestens in den 2040er Jahren werde die Statik akut gefährdet sein, warnt der scheidende Direktor des Hauses, ­Andreas Scholl. Auf der Webseite zum Masterplan Museums­insel der SPK heißt es: „Noch nicht in der Sanierung.“ Wann die startet und das Gebäude für seine Rettung geschlossen wird, ist nicht bekannt.

Ursprünglich sollten sämtliche Sanierungs- und Bauvorhaben in diesem Jahr abgeschlossen sein. Drei Häuser sind bislang vollendet, zudem wurde 2019 die von Architekt David ­Chipperfield entworfene James-Simon-Galerie als neues zentrales Empfangsgebäude eröffnet. Seit 2013 ist das Pergamonmuseum an der Reihe, laut aktuellem Zeitplan noch bis 2037. Es wird generalsaniert und um einen vierten Flügel erweitert, der schon im Ursprung vorgesehen war. Künftig soll das Publikum zudem vier der fünf Museen über die sogenannte Archäologische Promenade im Sockelgeschoss erreichen können. Dass Highlights wie der Pergamon­altar oder das Ischtar-Tor für viele Jahre nicht zu sehen sind, drückt die Erfolgsstatistik: 2024 zählte die Museumsinsel 2,9 Millionen Besuche, fast eine Million weniger als 2012. Zum Vergleich: In den Pariser ­Louvre strömen jährlich fast neun Millionen Menschen, im British Museum in London waren es zuletzt 6,5 Millionen. 

Nofretete und Mona Lisa sind die Stars

Für den Louvre kündigte der französische Präsident ­Emmanuel ­Macron Anfang des Jahres eine umfassende Renovierung und Neugestaltung bis 2031 an – im Nachbarland ­eine Chef­sache. Im föderalen Deutschland ist so etwas schwieriger. Zwar sind wegen der Bedeutung des preußischen Kulturerbes alle 16 Länder und der Bund Träger der SPK. Letzterer aber finanziert den Großteil der ­Betriebs- und die gesamten Bau­kosten. Was in Berlin als stolzes Aushängeschild gilt, sorgt anderswo mit Blick auf eigene Institutionen und klamme Etats eher für Eifersüchteleien. Nationales und imperiales Prestigedenken, das einst Monarchen und Bürger dazu brachte, Kulturschätze auf der Museumsinsel anzuhäufen, sind längst obsolet. Bei allem unterschiedlichen kulturpolitischen Selbstverständnis, zumindest eine Gemeinsamkeit haben Museumsinsel und Louvre: Die Stars unter den Exponaten sind jeweils Frauenbildnisse, hier die Nofretete, da die Mona Lisa.

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