Nationalistische Parolen, autoritäre Männlichkeitsbilder und rassistische Verschwörungserzählungen sind weiter auf dem Weg Richtung Mainstream. Dabei erleben nicht nur die USA mit der Wiederwahl von Donald Trump einen politischen Rechtsruck. Auch in Europa liebäugeln immer mehr Menschen mit antidemokratischen Ideologien. In Deutschland erreichte die Zahl rechtsmotivierter Straftaten im vergangenen Jahr ein Rekordniveau: Laut Bundeskriminalamt stiegen sie im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 Prozent. Philip Schlaffer kennt die rechtsradikale Szene gut. Einst selbst Neonazi und Mitglied einer kriminellen Rockergang, engagiert er sich heute bundesweit in der Präventionsarbeit. Im Gespräch mit dem ARTE Magazin erklärt er, warum rechte Netzwerke derzeit so erfolgreich sind, welche Rolle soziale Medien dabei spielen und wie junge Menschen vor der Radikalisierung bewahrt werden können.
ARTE Magazin Herr Schlaffer, gerade unter Jugendlichen verbreiten sich rechtsextreme Weltbilder derzeit besonders stark. Warum radikalisieren sich diese jungen Menschen?
Philip Schlaffer Ich glaube, die eine Antwort darauf gibt es nicht, aber ich beobachte, dass es aktuell wieder „modern“ ist, rechtsradikal zu sein. Viele junge Männer suchen nach Zugehörigkeit und Anerkennung und genau das finden sie in rechten Kreisen. Dort bekommen sie Aufmerksamkeit, Likes auf TikTok und Kommentare wie: „Stabiler deutscher Typ.“ Das wirkt. Bei mir war es ähnlich: Ich war orientierungslos, habe mich von meiner Familie abgewendet und Halt in der Neonaziszene gefunden – das war der Start in ein Leben, in dem ich viel Leid verursacht habe.