Unsichtbare Botschaften

Der Geruchssinn spielt eine größere Rolle, als uns bewusst ist. Wie kommunizieren wir über Gerüche miteinander und wie helfen sie in der Medizin?

Zeichnung einer Nase
Foto: duncan1890 / Getty Images

Verkehrslärm, flimmernde Bildschirme, Menschenmengen – in einer Welt, die von visuellen und auditiven Reizen geradezu überflutet wird, scheint der Geruchssinn eine untergeordnete Rolle zu spielen. Düfte und Gerüche werden meist nur beiläufig wahrgenommen und von vielen unterschätzt. Bei genauerer Betrachtung erweist sich dieser unsichtbare Sinn jedoch als ein mächtiges Kommunikationsmittel – sowohl in der Tierwelt als auch beim Menschen. Mehr als eine Billion verschiedener Düfte kann die menschliche Nase unterscheiden und damit eine Vielzahl an Informationen entschlüsseln, die dabei helfen, unsere Umwelt besser zu verstehen. Gerüche beeinflussen die Partnerwahl, steuern Emotionen und warnen uns vor Gefahren wie Feuer oder verdorbener Nahrung. Doch das ist nicht alles: Wie die ARTE-Dokumentation „­Riechen – Auf der ­Fährte des verkannten Sinns“ zeigt, lassen sich über Gerüche sogar frühzeitig Krankheiten identifizieren.

Ein faszinierendes Beispiel, das die Wissenschaft bis heute beschäftigt und neue Wege in der medizinischen Forschung eröffnet hat, ist die Geschichte von Joy und ­Leslie ­Milne, einem Ehepaar aus Schottland. Joy arbeitete als Krankenschwester, Leslie als Arzt und Anästhesist am örtlichen Krankenhaus. „Ich habe Les mit 16 Jahren kennengelernt“, erzählte Joy einmal bei einem Ted Talk in Manchester. ­Leslie habe von Anfang an einen einzigartigen, angenehmen Geruch gehabt, den sie sehr geliebt habe. Eines Tages jedoch habe sich das verändert: Leslie roch plötzlich anders. Holzig und moschusartig – so beschreibt Joy den Geruch später in einem BBC-Interview. Nach und nach kamen mysteriöse Symptome dazu: ­Leslie war oft erschöpft, launisch und entwickelte zitternde Hände. Zwölf Jahre später folgte schließlich die Diagnose: Parkinson. Beim ersten Treffen der lokalen Parkinson-­Vereinigung fiel Joy sofort auf: Alle Parkinson-Patienten rochen wie ihr Mann ­Leslie. Sie wandte sich an einen Parkinson-­Forscher der Universität Edinburgh und schilderte ihr Erlebnis. Bei einem Riechtest stellte sich schließlich heraus: Joy ­Milne konnte Parkinson-­Erkrankte allein am Körpergeruch identifizieren – und das schon Jahre bevor die typischen Symptome sichtbar wurden. Ein Meilenstein in der Medizin, der dazu führte, dass mit ­Milnes Hilfe inzwischen an verschiedenen Früherkennungstests für bestimmte Krebsarten, Diabetes und Parkinson geforscht wird.

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Riechen – Auf der Fährte des verkannten Sinns

Wissenschaftsdoku

Samstag, 8.2. —
21.45 Uhr
bis 14.2. in der
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