»Bäume geben mir Halt«

Film Henriette Confurius über Waldgeister, Respekt vor der Natur und ihre Rolle in „Das kalte Herz“.

Henriette Confurius. Foto: Erwin Lanzensberger
Henriette Confurius. Foto: Erwin Lanzensberger

Eingepackt in Jacke, Mütze und einen Schal, in dem sie ihr Gesicht bis zur Nase vergraben hat, sitzt Henriette Confurius vor einem Café in Berlin. Draußen an der frischen Luft zu bleiben sei ihr trotz der Kälte lieber. Nur wer ganz genau hinsieht, erkennt die Schauspielerin, die durch Filme wie „Die geliebten Schwestern“ (2014) von Dominik Graf oder die Serie „Tannbach“ (2015–2018) größere Bekanntheit erlangte. Innerhalb des ARTE-Schwerpunkts „Winter of Forests“ spielt die 28-Jährige die Hauptrolle in „Das kalte Herz“ (2016). Die Märchenverfilmung von Johannes Nabers wirft anhand einer Liebesgeschichte ein kritisches Auge auf den menschlichen Umgang mit unseren Wäldern. Ein Gespräch über Holzmöbel und die Angst vor bösen Drachen.

Die Sendung auf Arte

Den Märchenfilm „Das kalte Herz“ gibt es ab Mittwoch 22.1.2020 um 20:15 Uhr bei ARTE und bis 20.2.2020 in der Mediathek.

Frau Confurius, haben Sie schon mal einen Baum umarmt?

Henriette Confurius: Schon oft. Aber es ist meistens eher ein Festhalten. Ich klettere sehr gerne auf Bäume.

Einfach so? Mitten in Berlin?

Henriette Confurius: Es gibt sehr viele schöne Bäume in Berlin. Ich steige dann so weit hoch, bis ich Angst bekomme. Dort umarme ich den Baum ganz fest und fühle mich sicher. Irgendwann traue ich mich, meine Hände zu lösen. Und eine Woche später komme ich wieder und klettere vielleicht ein bisschen höher. So lernt man Bäume und Äste kennen und lesen – und seine Ängste zu überwinden.

Im Märchen „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff (1802–1827) spielt der Wald auch eine große Rolle. Was hat Sie gereizt, in der Verfilmung mitzuspielen?

Henriette Confurius: Zum einen gefiel mir die Geschichte des Köhlers, der nach einem besseren Leben strebt und nicht merkt, wie er dabei sein Herz verliert – er tauscht es gegen einen Stein und denkt sich nichts dabei. Zum anderen behandelt das Märchen den fehlenden Respekt der Menschen vor der Natur. Sie roden immer mehr Bäume und schwächen so die guten Waldgeister. Beide Aspekte thematisieren, dass wir Menschen so leben, als hätte unser Handeln keine Konsequenzen. Und das ist aktueller denn je.

Sie wirken nicht wie eine Frau, die ihr Herz gegen Ruhm oder Geld eintauschen würde.

Henriette Confurius: Ich lebe in einer kleinen Einzimmerwohnung, zahle wenig Miete und bin damit völlig zufrieden. Ich muss mich nur um mich selbst kümmern. Und bin so in der luxuriösen Position, nicht wirklich finanziell abhängig von meinem Beruf zu sein. Dann ist er am schönsten.

„Das kalte Herz“: Um die schöne Lisbeth (Henriette Confurius) zu heiraten, tauscht Köhler Peter (Frederick Lau) sein Herz gegen einen Stein. Foto: Schmidtz Katze Filmkollektiv/SWR
„Das kalte Herz“: Um die schöne Lisbeth (Henriette Confurius) zu heiraten, tauscht Köhler Peter (Frederick Lau) sein Herz gegen einen Stein. Foto: Schmidtz Katze Filmkollektiv/SWR

Stimmt es, dass Sie nebenher alte Möbel restaurieren?

Henriette Confurius: Handwerkliche, bodenständige Berufe haben mich immer angezogen. Eine Zeit lang habe ich bei einer Schneiderin gelernt, ein andermal mit dem Hutmachen angefangen. Am meisten hat mich die Möbelrestauration begeistert, das Arbeiten mit Holz. Bei dem Meister, der es mir beigebracht hat, habe ich noch eine Werkbank. Und in meiner Wohnung stehen einige selbst restaurierte Holzmöbel.

Schauspielerin sind Sie trotzdem noch.

Henriette Confurius: So sehr ich es immer wieder versucht habe, ich komme davon nicht weg. Ich liebe meinen Beruf – aber manchmal hasse ich ihn auch.

Inwiefern?

Henriette Confurius: Es ist schön, für jede Rolle ins kalte Wasser zu springen. Aber oft komme ich an meine Grenzen. Ich stelle mich ja komplett zur Verfügung; gehe voll und ganz in die Emotionen, die mir meine Figur abverlangt. Das sind teilweise so viele Gefühlszustände an einem Tag, das ist schwer zu verkraften. Manchmal wünsche ich mir dann mehr Schutz. Und frage mich in solchen Momenten, ob es die richtige Arbeit für mich ist.

Sie haben bereits in mehreren Märchenfilmen mitgespielt. Ist es da anders?

Henriette Confurius: Märchen sind meist nicht so subtil, man darf offen schmachten und leiden. Es gibt oft einen klaren Bösewicht und eine schöne Prinzessin, die gerettet werden muss. Dagegen ist „Das kalte Herz“ viel komplexer, es ist kein klassisches Märchen.

Hatten Sie als Kind mehr Angst vor dem bösen Wolf oder der bösen Stiefmutter?

Henriette Confurius: Weder noch. Meine Eltern haben uns nie die Geschichten der Gebrüder Grimm vorgelesen. Mein Lieblingsmärchen war immer „Die kleine Meerjungfrau“ von Hans Christian Andersen. Am meisten Angst hatte ich allerdings vor Frau Mahlzahn, dem bösen Drachen in „Jim Knopf“. Ich weiß noch, dass ich mich bei einer Geburtstagsfeier dann als Frau Mahlzahn verkleidet habe, das hat etwas geholfen …

… Ihre Angst zu überwinden?

Henriette Confurius: Ja, ein bisschen so wie mit der Höhe. Nur ohne Baum.