Es war eine Meldung, die im Nachrichtenfluss der vergangenen Wochen fast unterging – wohl auch, weil sie unter einer allzu vertrauten Schlagzeile stand: Die Deutsche Bank zahlt erneut eine Strafe. Diesmal waren es 23 Millionen Euro, verhängt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), unter anderem wegen dubioser Geschäfte mit komplexen Finanzprodukten in Spanien und mangelhafter interner Aufarbeitung. Jahrelang hatte die Bank dort Finanzderivate verkauft, mit denen Kunden mitunter hohe Verluste erlitten und daraufhin teils auch Schadenersatz gefordert hatten. Zwar war es die zweithöchste Strafe, die die Bafin jemals gegen Deutschlands größte Bank verhängt hat, und die Geschäfte verstießen offenkundig gegen Regeln – doch für die Deutsche Bank schien es kaum mehr zu sein als eine Randnotiz. Solange keine Milliardenstrafen anfallen oder gar Manager vor Gericht stehen, so der Eindruck, kehrt man dort schnell zur Tagesordnung zurück. Die Strafe wird als laufender Kostenpunkt verbucht – und weiter geht’s. Diese Abgebrühtheit ist nicht einmal typisch Deutsche Bank, sondern längst symptomatisch für die gesamte Branche.
Ab und an aber gehen die Dinge so dramatisch schief, dass es sich nicht mehr ignorieren lässt: So war es während der Finanzkrise, international als Great Financial Crisis bekannt, als Banken wie Dominosteine fielen und Steuerzahler Milliarden für ihre Rettung aufbringen mussten. Und so war es vor zwei Jahren, als mehrere US-Regionalbanken ins Straucheln gerieten und in der Folge auch die Credit Suisse in der Schweiz kurz vor dem Kollaps stand. Letztlich konnte eine neue Finanzkrise nur verhindert werden, weil die Großbank UBS auf Druck der Schweizer Regierung die angeschlagene Konkurrentin übernahm – und das mit einem großzügigen „Handgeld“. Ein Plan, die Credit Suisse ohne staatliche Hilfen abzuwickeln, blieb unausgepackt in der Schublade. Die Lage war brenzlig: Der ungeordnete Zusammenbruch einer systemrelevanten Bank hätte wohl das weltweite Finanzsystem mitgerissen.
Wie kann das sein? Hatte die Politik nach der Weltfinanzkrise ab 2007 nicht versprochen, dass Steuerzahler nie wieder für Bankenrettungen aufkommen müssen? Oder noch besser, dass solch brenzlige Situationen einfach nicht mehr eintreten? Aber was muss geschehen, damit Banken keine dubiosen Geschäfte auf Kosten ihrer Kunden mehr tätigen, keine Geldwäsche für Kriminelle und Kleptokraten aus aller Welt betreiben und sich nicht weiter an Steuerhinterziehung beteiligen? Nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse kehrten Politik, Aufsichtsbehörden und die Finanzbranche schnell wieder zur Normalität zurück. Bankenkrise? Nicht bei uns. Vielleicht müsse das ein oder andere Detail nachjustiert werden, aber das System an sich sei sicher.
Die Wahrheit ist: Das ist es nicht – zumindest nicht ausreichend, wie auch der ARTE-Dokumentarfilm „Moneyland“ zeigt. Die Credit Suisse etwa hätte geordnet abgewickelt werden sollen, doch selbst die Schweizer Nationalbank räumte überraschend offen ein, dass dies in der Krise nicht möglich gewesen wäre. Warum genau, blieb unklar. Vermutlich war der Druck aus den USA und Frankreich zu groß, die Bank per Notübernahme mit staatlichen Garantien zu stabilisieren. Dennoch feierten einige in der Finanzwelt die Rettung als cleveren Schachzug – und betonten, dass Ähnliches in der EU nicht passieren könne. Oder dass es in den USA ohnehin schlimmer sei, wo Regionalbanken weitgehend unbeaufsichtigt blieben.
Dabei sollte gerade der jüngste Bankencrash, der im Kollaps der Credit Suisse und mehrerer US-Regionalbanken gipfelte, ein Weckruf sein. Er zeigt, dass die bisherigen Bemühungen, das Finanzsystem nach der zurückliegenden Krise sicherer zu machen, weitgehend gescheitert sind.
Natürlich ist zum Beispiel die gemeinsame EU-Bankenaufsicht eine Verbesserung im Vergleich zu nationalen Kontrollen, bei denen die Nähe zwischen Aufsehern und Banken oft zu groß war. Aber die Regulierung ist heute zugleich komplexer denn je. Und wenn uns die Bankenbranche auch 15 Jahre nach der Weltfinanzkrise erneut in Atem hält, ist das ein klares Zeichen: Die bisherigen Regeln suggerieren nur Sicherheit – sie schaffen sie nicht. Deshalb braucht es eigentlich drei zentrale Maßnahmen: Erstens müssen Banken deutlich mehr Eigenkapital vorhalten. Andersherum formuliert: Sie dürfen nicht so hoch verschuldet sein. Zweitens muss das riskante Investmentbanking konsequent vom Einlagengeschäft getrennt werden. Drittens müssen neue Regeln für Banker-Boni eingeführt werden.
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Die Reformen nach der Krise waren jämmerlich unzureichend