Gefühle im Fadenkreuz

Christoph Hochhäuslers Thriller „Bis ans Ende der Nacht“ erzählt eine Geschichte von Identität und verratener Liebe. Für ihre Rolle erhielt ­Thea ­Ehre den Silbernen Bären.

Filmszene mit Thea Ehre und Timocin ­Ziegler
Komplex: Ermittler Robert (­Timocin ­Ziegler) und Leni (­Thea ­Ehre), für die er Gefühle hatte, als sie noch Lennart hieß, versuchen bei einem Tanzkurs, sich Drogen­dealer ­Victor (­Michael Sideris) und seiner Partnerin ­Nicole (­Ioana Iacob) zu nähern. Foto: Stephanie Lieske / Lieske und Howar / WDR

Eigentlich sitzt die transsexuelle Leni gerade wegen Drogenhandels im Männerknast. Doch zusammen mit dem verdeckten Ermittler Robert soll sie in einer vorgetäuschten Beziehung das Vertrauen von Großdealer Victor gewinnen, der mutmaßlich eine Dark-Web-Handelsplattform für Drogen betreibt. Die versprochene Entlohnung: vorzeitige Entlassung. Wäre da nicht das toxische Gefühlschaos, in das der schwule Robert und Leni geraten, die vor der Haft ein Liebespaar waren – als Leni für den verdächtigten DJ und Nachtclubbesitzer Victor als Tontechniker arbeitete und noch Lennart hieß.

Für ihr Kinodebüt als Leni in ­Christoph ­Hochhäuslers Thriller „Bis ans Ende der Nacht“ (2023) wurde die österreichische Schauspielerin ­Thea ­Ehre bei der Berlinale 2023 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. Regisseur Hochhäusler, der zur Mitte der 1990er entstandenen Berliner Schule gezählt wird, versucht erst gar nicht, schlichte Antworten auf komplexe Fragen zu geben. Stattdessen vermischt er ­Genre- und Autoren­kino in einer nostalgischen, urban-romantischen Atmosphäre, die an die Filme von ­Rainer ­Werner ­Fassbinder und in seiner Ausstattung an das Kino der 1970er Jahre erinnert – auch die Clubszenen sind mit Songs von ­Hildegard Knef und ­Zarah ­Leander unterlegt. Dabei kommt der Film mit seinen Nachtschwärmern und Schattenexistenzen ganz ohne prominente Besetzung aus.

Auch auf Lenis Willkommensparty, als sie im Zuge der verdeckten Ermittlung ihren neuen Fake-Freund ­Robert vorstellt und im Hintergrund das Lied „Schönes Mädchen“ des israelischen Duos ­Esther & ­Abi ­Ofarim läuft, liegt ein dunkler Schleier über den Bildern des Neo Noirs. Bei der aufgetischten Kennenlerngeschichte hapert es noch etwas: War es Hamburg oder Hannover, wo sich die beiden trafen? Anlass genug für ­Robert, seiner Abneigung gegenüber ­Leni freien Lauf zu lassen, sobald die Gäste aus der Tür sind. „Siehst du irgendwo Publikum?“, raunt er ihren Annäherungsversuchen entgegen. Bis ihm später sein eigenes Begehren entgleitet. Keine gute Basis für eine erfolgreiche Ermittlung im Frankfurter Drogenmilieu: Die Verstrickung aus ungelösten Konflikten und Gefühlen wider Willen droht die Mission zu gefährden. Bei einem Tanzkurs gelingt es dem vermeintlichen Paar dennoch, sich Victor und seiner Partnerin anzunähern.

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Bis ans Ende der Nacht

Thriller

Mittwoch, 5.2. —
20.15 Uhr
bis 5.5. in der
Mediathek