Noch vor wenigen Generationen gab es keine Waschmaschinen, die unsere Wäsche reinigten, kein fließendes Trinkwasser aus der Leitung und auch das Heizen von Wohnungen und Häusern ließ sich nicht automatisieren. Vieles war mühsam, vieles Handarbeit. Man sollte meinen, das Leben war härter, körperlich fordernder und erschöpfender als heute. Aber stimmt das? Obwohl immer mehr Technologien unser Leben erleichtern, scheint die Erschöpfung der Menschen zuzunehmen. Krankenhausreporte verzeichnen einen stetigen Anstieg von Burn-out-Diagnosen – quer durch alle Berufsbranchen. Was sagt das über unser Verständnis von Fortschritt aus? Haben wir früher wirklich mehr gearbeitet als heute?
Im neuen ARTE-Webmagazin „Stimmt es, dass …?“ werden Woche für Woche verbreitete Annahmen hinterfragt – mit überraschenden Thesen, fundierten Erklärungen und neuen Perspektiven. Die Folge zur Frage „Stimmt es, dass wir früher alle mehr geschuftet haben?“ zeigt: Entscheidend sind nicht die reine Arbeitszeit oder körperliche Anstrengung, sondern die Art und Weise, wie wir heute arbeiten – und was wir dabei von uns selbst erwarten. „Das ist das Paradox der Beschleunigung“, sagt Anna Schaffner, Schriftstellerin, Burn-out-Coach und ehemalige Professorin für Kulturgeschichte, im Gespräch mit dem ARTE Magazin.
„Das Freizeitversprechen der Technologisierung wurde nie eingelöst – stattdessen füllen wir eingesparte Zeit mit neuen Aufgaben.“ Während früher Muskelkraft gefragt war, ist heute das Denken selbst zu einer der wichtigsten Ressourcen geworden – oft unter Dauererreichbarkeit, Multitasking und steigendem Effizienzdruck. „Im Gegensatz zur körperlichen Arbeit respektieren wir bei geistiger Arbeit keine Grenzen“, betont Schaffner. „Wir denken, wir können einfach so ohne Pause zehn, zwölf Stunden arbeiten.“ Dabei werde vergessen, dass auch unser Gehirn und die Psyche dringend Erholungsphasen benötigen.
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