Immer wieder neu

New Order startete als Nachfolgeprojekt der einflussreichen Post-Punk-Band Joy Divison – und hievte dann die Popkultur in unerwartet neue Klangsphären. Wie konnte das gelingen?

Die Bandmitglieder von New Order
Avantgarde: Peter Hook, Stephen Morris, Bernard ­Sumner und Gillian Gilbert (linke Seite, v. l.) prägten als New Order den Sound der 1980er. Foto: Bob Berg / Getty Images

Was für eine Situation: Da bist du Teil einer Band, deren Frontmann als einer der einflussreichsten Rocksänger des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen wird – und dann nimmt er sich noch vor dem großen Durchbruch das Leben. So erging es den Briten ­Bernard ­Sumner, Peter Hook und ­Stephen Morris, die zusammen mit Sänger ­Ian ­Curtis in Manchester Joy Division gegründet hatten. Erst 1980, kurz vor dem Tod von Curtis, der an schwerer Epilepsie litt, erschien etwa „Love Will Tear Us Apart“. Das Stück rührt noch heute bis in die elitärsten Underground-­Kreise zu Tränen und funktioniert gleichzeitig auf jedem mittelgroßen Stadtfest. Dabei ist Joy Division natürlich so viel mehr als diese düstere Liebeskummer-Hymne. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Musikerkarriere von Sumner, Hook und Morris umfasst ein zweites Kapitel, das popkulturell ebenso wertvoll ist wie Joy Division. Sein Name: New Order. Es sollte bis zum Jahr 1983 dauern, bis die Nachfolgeband, ergänzt um Keyboarderin und Gitarristin ­Gillian ­Gilbert, ihr volles Potenzial ausspielte – mit dem Zweitwerk „Power, Corruption & Lies“, das vom dystopischen Gedankengut von ­Aldous ­Huxleys und George Orwells Romanen „Schöne neue Welt“ und „1984“ beeinflusst war. „Es ist eines der großen avantgardistischen Alben der 1980er Jahre, auf dem in völlig neuartiger Weise mit der neuen Technologie der Zeit experimentiert wird. Mit Sequenzern, Drum Machines, dem Emulator – einer Frühform des Samplers“, sagt Autor und Pop-Experte Jens ­Balzer, der derzeit mit seinem Buch „After Woke“ für Feuilletondebatten sorgt. Er betont: „New Order machen mit dem Album dort weiter, wo Kraftwerk – die großen Elektronik-Avantgardisten der 1970er – aufgehört haben, weil sie die schöpferische Kraft verlassen hatte.“

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