Wer „Sachsen“ hört, denkt dabei an Leipzig, Dresden oder das Elbsandsteingebirge. Das Bundesland, vormalige Königreich und Kurfürstentum Sachsen aber verdankt seinen Namen eher historisch-dynastischen Zufällen. Vom 12. Jahrhundert an wanderte er durch Erbfolge und die Übertragung der Kurwürde, des Rechts zur Königswahl, ostwärts. Der heutige Freistaat und seine Einwohner sind gewissermaßen eine spätere sächsische Version 2.0. Denn jene germanischen Bevölkerungsgruppen, die deutlich früher als Sachsen in die Geschichtsschreibung einzogen, lebten ganz woanders, hauptsächlich im Nordwesten Deutschlands. Wer diese Menschen wirklich waren und woher sie kamen, ist ein Forschungsfeld mit noch immer etlichen weißen Flecken. Der Dokumentarfilm „Die Sachsen – Piraten. Heiden. Kaiser“, den ARTE im Juli zeigt, folgt ihren Spuren.
Die Zeitreise zu den Ursprüngen führt in die Spätantike. Vom 4. Jahrhundert an tauchte der Name „Saxones“ in römischen Quellen auf – allerdings nicht für eine Ethnie mit fest umrissenem Siedlungsgebiet. Die wahrscheinlichste Herleitung sei das Wort „Sax“, sagt der Historiker Matthias Hardt vom Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa in Leipzig. So hieß eine in Mittel- und Nordeuropa verbreitete einschneidige Hiebwaffe. Die Chronisten jener Epoche hätten die Saxones somit – ausgehend von deren wichtigstem Kriegswerkzeug – „Messerleute“ genannt. Als „mobile Gruppen skrupelloser, mordgieriger Männer, die mit Schiffen die Nordsee und den Ärmelkanal befahren und anliegende Gebiete terrorisieren und ausplündern“, beschreibt sie die im vergangenen Jahr verstorbene Prähistorikerin Babette Ludowici in ihrem 2022 erschienenen Buch „Die Sachsen“.